Eintreten für die Demokratie

Gemeinsames Wort der katholischen nord-ostdeutschen Bischöfe 
2024 ist ein Jahr der Wahlen. Die Wahlen zum Europäischen Parlament, zu den Landtagen
von Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie auf kommunaler Ebene fordern unsere
Verantwortung. Wir stehen als Gesellschaft national wie auch auf europäischer Ebene vor
großen und komplexen Herausforderungen. Deren Folgen spüren wir schon jetzt. Ihre
Bewältigung verlangt uns viel ab.
Viele Menschen verstehen politische Entscheidungen nicht mehr. Sie sind verunsichert,
wütend und haben Angst vor dem sozialen Abstieg. Das darf uns nicht dazu bringen, uns
von populistischen Aussagen und scheinbar einfachen Lösungen vereinnahmen zu
lassen.
Wir Bischöfe beobachten diese Entwicklungen in unserem Land mit Sorge.
Demokratische Prozesse und Institutionen werden angezweifelt und verächtlich
gemacht. Populistische, rechtsextremistische und antisemitische Positionen werden
zunehmend salonfähig. Misstrauen, Hass und Hetze treiben die Gesellschaft auseinander.
Spätestens die Schrecken der Weltkriege und die Gräueltaten des NS-Regimes haben uns
gelehrt: Die unantastbare Würde des Menschen zu achten und zu schützen muss die
oberste Richtschnur jedes staatlichen Handelns sein. Politische Parteien, die diesen
Grundsatz in Frage stellen, können nach unserem Verständnis keine Alternative sein.
Deshalb verknüpfen wir dieses Wort nicht nur mit dem Aufruf zur aktiven Teilnahme an
den Wahlen in diesem Jahr, sondern auch mit einer eindringlichen persönlichen Bitte:
Treten Sie ein für unsere freie und vielfältige Gesellschaftsordnung auf der Grundlage
unserer Verfassung!
Bedenken Sie bei Ihrer Wahlentscheidung: Die Orientierung an den christlichen Wurzeln
unserer Gesellschaft, an den Menschenrechten, an der Gleichheit der Menschen in allen
Lebensphasen, an den Werten der Demokratie, eines sozialen Rechtsstaats und einer
sozialen Marktwirtschaft hat unserem Land Frieden und Wohlstand gebracht. Auf dieser
Grundlage werden wir auch die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen.
Krude Ausweisungsphantasien für Migranten und ihre Unterstützer, die Ablehnung von
Schutzangeboten für Geflüchtete, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, der
alleinige Fokus auf Leistungsfähigkeit, die Leugnung des menschengemachten
Klimawandels und die pauschale Verächtlichmachung von politischen Akteuren und
Institutionen sind mit diesen Grundwerten unserer Gesellschaft unvereinbar.
Wir Bischöfe bringen daher ganz klar zum Ausdruck, dass wir vor dem Hintergrund
unseres eigenen Gewissens die Positionen extremer Parteien wie dem III. Weg, der Partei
Heimat oder auch der AfD nicht akzeptieren können.
Wir bitten Sie nachdrücklich: Informieren Sie sich vor Ihrer Wahlentscheidung aktiv und
aus unterschiedlichen Quellen. Fragen Sie nach Begründungen für politische Positionen.
Suchen Sie den kritischen Austausch. Bleiben Sie respektvoll im Umgang. Prüfen Sie bei
Ihren Überlegungen die langfristigen Folgen für unser Zusammenleben, für Ihre Familien
und auch für Sie ganz persönlich. Wählen Sie verantwortungsvoll.
Wir als Bischöfe sind überzeugt: Es gibt keine bessere Staatsform als die Demokratie,
denn sie ermöglicht uns, in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit zu leben. Lassen Sie uns
entschlossen und tatkräftig dafür eintreten und gemeinsam eine gute Zukunft gestalten.

Dr. Heiner Koch, Erzbischof von Berlin
Dr. Stefan Heße, Erzbischof von Hamburg
Dr. Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg,
Dr. Ulrich Neymeyr, Bischof von Erfurt
Wolfgang Ipolt, Bischof von Görlitz
Heinrich Timmerevers, Bischof von Dresden-Meißen

19. Januar 2024
Die „Ost-Bistümer“ Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Hamburg und Magdeburg sind
die (Erz-)Bistümer, deren Gebiet zum Teil oder vollständig die Bundesländer Berlin,
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umfasst.



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